Jugendliche treffen sich vermehrt in der Innenstadt, was in der Bibliothek, dem Milaneo und auf den angrenzenden Plätze oftmals zu Konflikten führt – Sozialarbeiter wollen vor Ort mehr über die Jugendlichen und ihr Nutzungsverhalten herausfinden
Stuttgart. Die neue Stadtbibliothek und das Milaneo im Europaviertel ziehen täglich tausende von Menschen an, gerade auch viele Jugendliche und junge Erwachsene. Das ist für deren Verantwortliche sehr erfreulich. Die überwiegende Mehrheit der jungen Menschen nutzt die Medien-, Lern- und Veranstaltungsangebote der Bibliothek oder das benachbarte Einkaufszentrum jeweils in der gebotenen Form. Allerdings fällt an beiden Orten wie auch auf dem Mailänder Platz eine Minderheit von Jugendlichen gelegentlich durch Regelverstöße und Konflikte mit anderen Personengruppen auf. Die Verantwortlichen sind daher auf die Leiter der Mobilen Jugendarbeit Stuttgart zugegangen und haben mit ihnen ein befristetes Streetwork-Projekt vereinbart. Das Projekt hat im April unter großem Einsatz der Mobilen Jugendarbeit begonnen: fast fünfzig Mitarbeitende beteiligen sich daran, jeweils gut erkennbar an ihren Westen. Begleitet wird das Projekt sowohl von einer Steuerungsgruppe als auch von Wissenschaftlern.
Die Mobile Jugendarbeit, die von der Evangelischen Gesellschaft (eva) und dem Caritasverband getragen wird, stellt seit einigen Jahren einen neuen Trend fest: Jugendliche treffen sich vermehrt auf öffentlichen Plätzen in der Innenstadt, um dort gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen. Diese Möglichkeit möchten die Sozialarbeiter für die jungen Menschen gerne sichern. Deshalb haben sie sich sofort bereit erklärt, ihre professionelle Hilfe einzubringen, als sie angesprochen worden sind. Ziel ist, dass sich die jungen Menschen im Europaviertel künftig so verhalten, dass es keine Konflikte mehr mit anderen Nutzern gibt. Sowohl bei ihrer jahrzehntelangen Arbeit in 18 Stuttgarter Stadtteilen als auch in mehreren Streetwork-Projekten in der Stuttgarter Innenstadt seit 2007 haben die Jugendsozialarbeiter festgestellt: Wenn sie die Jugendlichen respektvoll behandeln und ihnen auf Augenhöhe begegnen, können sie klare Standpunkte vertreten und sind den jungen Menschen trotzdem sehr willkommen.
Bei dem Streetwork-Projekt, das seit 7. April bis Ende Juni stattfindet, möchten die Beteiligten herausfinden, welche Jugendlichen die Bibliothek, das Milaneo und die angrenzenden Plätze nutzen und woher sie kommen. Wann kommen sie hierher und welche Nutzungsinteressen haben sie? An zwei Tagen pro Woche sind die Jugendsozialarbeiter am Mailänder Platz, in der Stadtbibliothek, am Pariser Platz und im Milaneo unterwegs. Sie sprechen mit den Jugendlichen und füllen mit ihnen Fragebögen aus, die später vom Institut für angewandte Sozialforschung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg ausgewertet werden. Daneben gibt es zwei Workshops mit Jugendlichen in der Stadtbibliothek. Ziel des Projekts ist, dass die jungen Menschen weiter an den Orten sein können, die sie so attraktiv finden. Dabei sollen sie wissen, wie sie sich benehmen sollten, damit das möglich ist.
Die Stadtbibliothek hat großes Interesse daran, dass junge Menschen ihre Angebote nutzen. Ihre Verantwortlichen interessiert, welche Art von Angeboten sie den Jugendlichen künftig gemeinsam mit Partnern aus der Jugend- und Sozialarbeit machen können, um dauerhaft ein gelingendes Miteinander vor Ort sicher zu stellen. Deshalb sind sie zusammen mit den Verantwortlichen der Mobilen Jugendarbeit in einer Steuerungsgruppe vertreten, die das Projekt begleitet. Zu dieser Gruppe gehören daneben Vertreter des Milaneo, der Polizei, der wissenschaftlichen Begleitung, des Diakonischen Werkes sowie städtischer Ämter.