Die großen Träger der Flüchtlingsbetreuung in Stuttgart, darunter die eva, fordern den Gemeinderat auf, den Personalschlüssel in der Flüchtlingsbetreuung zu verbessern. Das sei dringend notwendig, um die „nachhaltig stabile Situation in Stuttgart“ sicherzustellen und um die Mitarbeitenden und Strukturen zu entlasten. Der Fachausschuss Migration der Liga der Wohlfahrtspflege Stuttgart schreibt in einem offenen Brief an die Mitglieder des Stuttgarter Gemeinderates: „Wir schaffen das so auf Dauer nicht!“ Anlass des Briefes ist die bevorstehende dritte Lesung des Haushalts der Stadt.
Träger arbeiten am Rande des Personalnotstandes
„Wir sind empört über die Art und Weise, wie bei der hochsensiblen Thematik der Flüchtlingsunterbringung leichtfertige Einschätzungen von Fraktionen die über Monate zwischen Sozialverwaltung und Trägern ausgehandelten Lösungsansätze obsolet machen“, heißt es in dem Brief. „Wir wenden uns auch deshalb an Sie, um dem von zwei Fraktionen in der 2. Lesung vorgebrachten Argument gegen die Verbesserung des Personalschlüssels, ´man finde derzeit doch dafür gar keine Sozialarbeiter` (StZ 7.12.2015), entgegenzutreten. Denn der aktuelle Personalschlüssel ist ja genau Teil dieses Problems. Sicherlich arbeiten die Träger momentan am Rande des Personalnotstandes, aber die Verbesserung der Rahmenbedingungen ist ein notwendiger Schritt“, um diesen Notstand abzuwenden.
Die Sozialverwaltung habe dem Gemeinderat schon im Juli die Gründe genannt, weshalb sie beantrage, den Personalschlüssel anzuheben, erklärt die Liga in dem offenen Brief weiter. Zu den Gründen zählten die hohen Neuzugänge und die Fluktuation, die Zunahme an traumatisierten Flüchtlingen, der erhöhte hauptamtliche Aufwand für die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen und der erforderliche Ausbau, um den Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu Arbeitsgelegenheiten zu ermöglichen.
„Die Arbeitsbelastung unserer Mitarbeitenden ist auf Dauer nicht zu verantworten"
Die Sprecher aller Fraktionen hätten sich dafür ausgesprochen, den Betreuungsschlüssel anzuheben. Falls sich der Gemeinderat jetzt gegen die entsprechende Verwaltungsvorlage entscheide, „dann müssen wir das akzeptieren, werden unsere Flüchtlingsarbeit mit unvermindertem Engagement fortsetzen und werden bei den Mitarbeitenden um Verständnis werben. Aber wir erwarten, dass die Mitglieder des Gemeinderates diese Entscheidung nicht mit haltlosen Argumenten begründen“, schreibt Fritz Weller, der Sprecher des Fachausschusses Migration. In diesem Fall erwarte die Liga, dass die Verwaltung vom Gemeinderat ermächtigt werde, gemeinsam mit den Trägern zeitnah nach Lösungen zu suchen, die die Situation bei der Flüchtlingsarbeit der Träger entspannen könnten.
Die Liga fasst die Argumente dafür, den Betreuungs-Schlüssel zu erhöhen, kurz zusammen: „Die Arbeitsbelastung unserer Mitarbeitenden ist auf Dauer nicht zu verantworten. Die Betreuung und Integration der Flüchtlinge ist mit diesem Personalschlüssel auf Dauer nicht ausreichend sichergestellt. Das Halten und Gewinnen von Mitarbeitenden ist unter diesen Bedingungen stark erschwert, was die ohnehin schon schwierige Personalsituation weiter belastet. Ehrenamtliche und Freiwillige sind unverzichtbare Helfer bei der Flüchtlingsunterbringung und -integration, sie dürfen (aus rechtlichen Gründen) und können hauptamtliche Arbeit aber nicht ersetzen.“